Bergseetauchen
Tauchen im Bergsee heißt Tauchen bei vermindertem Umgebungsdruck. Bis 4000 m Höhe sinkt der Luftdruck um ca. 0,1 bar pro 1000 m. In 1000 m Höhe über Meeresspiegel beträgt der Luftdruck z.B. 0,9 bar. Der Umgebungsdruck, der in Dekompressionstabellen und Tauchcomputern in der Regel als Oberflächendruck angenommen wird (1,0 bar), herrscht in diesem Bergsee nicht an der Wasseroberfläche, sondern in 1 m Tiefe.
Ein Taucher, der nach einem Meerestauchgang gerade noch ohne Dekompressionsstopp zur Oberfläche aufsteigen dürfte („Nullzeit-Tauchgang“), müsste nach einen Bergseetauchgang mit der gleichen Stickstoffaufsättigung in 1 m Tiefe warten, bis seine Gewebe so viel Stickstoff abgegeben haben, dass sie 0,9 bar Umgebungsdruck tolerieren. In 2000 m Seehöhe müsste er bereits einen entsprechenden Dekompressionsstopp in 2 m Tiefe einhalten.
Wenn ein Taucher in 500 m Seehöhe wohnt (Umgebungsdruck 0,95 bar) und direkt vor dem Tauchgang mit dem Auto zu einem Bergsee in 2.500 m Höhe fährt (Umgebungsdruck 0,75 bar), so ist der Stickstoffdruck in seinen Körpergeweben deutlich höher, als wenn er vor dem Tauchgang am Bergsee übernachtet hätte. Der Gewebedruck kann sich während eines schnellen Aufstiegs nicht ausreichend an den geringeren Umgebungsdruck am Bergsee anpassen. Wenn der Tauchgang mit einem im Vergleich zum Umgebungsdruck erhöhten Stickstoffdruck begonnen wird, so ist dies mit einer „Vorsättigung“ durch einen vorangegangenen Tauchgang vergleichbar. Der Aufstieg zum Bergsee hat ähnliche Auswirkungen wie ein voraus gegangener Tauchgang, sodass die erlaubte Nullzeit kürzer ist oder die erforderliche Dekompression länger dauert.
Die Dekompression nach Bergseetauchgängen wird somit nicht nur durch die Seehöhe, sondern auch durch den Aufstieg zum Bergsee verlängert. Durch die Verwendung von Nitrox-Gemischen mit geringerem Stickstoffanteil kann dies ggf. wieder ausgeglichen werden.
Früher wurden Umrechnungsformeln verwendet, mit denen man für Meerestauchgänge errechnete Dekompressionsvorschriften auf die Verhältnisse am Bergsee umrechnen sollte. Diese „Bergsee-Formeln“ werden nicht mehr empfohlen, da es bei der Berechnung leicht zu für den Taucher gefährlichen Rechenfehlern kommen kann, und weil wichtige Faktoren nicht berücksichtigt wurden.
Heute werden zur Dekompressionsberechnung im Allgemeinen besondere "Bergseetabellen" verwendet, bzw. Tauchcomputer mit bergseetauglichem Rechenprogramm. Wichtig ist hier, dass der Taucher die Vorgaben der jeweiligen Bedienungsanleitung einhält. Leider ist auch die Verwendung von Bergseetabellen nicht unproblematisch, weil z.B. Taucher in unterschiedlichen Höhenbereichen wohnen und tauchen und weil nur bei einzelnen Tabellen angegeben wurde, wie der Aufstieg zum Bergsee berücksichtigt werden muß.